Samstag, 15. Februar 2014

Wie auf der Dult, nur umsonst: Parteien im Wahlkampf-Endspurt


"Darf's für drr kloine Bua o no was sei?", schallt es aus dem mobilen Stand. Es ist so ein bisschen wie auf der Dult, wenn man an einem Samstag vor der Wahl durch Augsburgs Innenstadt läuft. Auch die feilgebotene Ware ähnelt sich: Essbares (Müsliriegel, Schokolade, Bonbons), Trinkbares (Kaffee, sogar mit Milch und Zucker) oder Krimskrams (Sattelschoner fürs Rad). Nur: Im Gegensatz zur Einkaufsstraße zwischen Vogel- und Jakobertor gibt's das derzeit alles kostenlos, umsonst und sogar gratis. Von den Parteien.

Zur Freude einiger Schnorrerinnen und Schnorrer in der Stadt. "Es gibt schon auch unverschämte Leute", sagt ein Kandidat für den Stadtrat, dem eine resolute Dame gerade zielstrebig den Präsentekorb geleert hat und sich freundlich mit den Worten verabschiedet, nun sei man für das Wochenende versorgt.

Anschließend müssen die ausgeschwärmten Lokalpolitiker die Fußgängerzone kurzzeitig räumen, ein dicker Jeep rollt nämlich laut brummend durch die Annastraße. Ein namhafter Stadtratskandidat winkt bei heruntergelassenem Fenster gut gelaunt heraus. Er sei auf dem Weg zum Infostand (in der Fußgängerzone) und freue sich über das schöne Wetter.

Kaum eine Partei, die an diesem Tag nicht in der City vertreten ist und das neue Pflaster nicht nutzt, um etliche Kilometer zurückzulegen. Auch die beiden aussichtsreichsten Kandidaten auf den OB-Sessel sind vor Ort und führen zahlreiche Gespräche.

Hinter vorgehaltener Hand erzählt man sich, dass Kandidat XY bei kaum einem Infostand dabei sei, aber der ruhe sich nun mal auf seinem guten Listenplatz aus.
Als Kandidat YZ feststellt, dass sein Gesprächspartner in Augsburg gar nicht wahlberechtigt ist, wird dieser freundlich, aber bestimmt gebeten, die eben erhaltenen Kugelschreiber gefälligst wieder herzugeben. Eventuell könne man noch einen Stift des Spitzenkandidaten organisieren, der habe mehr Material zur Verfügung. 
Als Kandidat xx einen zweideutigen Spruch ablässt, weist ihn seine Parteifreundin missbilligend darauf hin, dass sie ihn nun eigentlich nicht mehr wählen könne und deshalb die Äußerung geflissentlich überhöre.
Nur selten kommen Menschen vorbei, um ihren geballten Frust loszuwerden. So wie jener Herr, der dem Stadtratskandidaten ins Gesicht brüllt "Tunnel statt Chaos!!!!!" und anschließend weiter seines Weges geht, als wäre nichts gewesen, den engagierten Politiker irritiert zurücklässt und sein Begehr nicht weiter ausführt.

Seit dem Sommer sind die Parteien im Dauerwahlkampf und wenn Ende März feststeht, wer Oberbürgermeister in Augsburg wird, sind viele ehrernamtliche lokale Kandidaten froh, wenn dieser Marathon ein Ende findet. Was sie tun werde, wenn die Wahlen vorbei sind, wird eine Kandidatin gefragt. Sie zögert. Schließlich: "Die Wohnung aufräumen."