Donnerstag, 16. Januar 2014

Ziemlich beste Freunde


Ich mag René Sack. Er ist für mich ein guter Freund und Begleiter geworden. Wir sehen uns meistens zwei Mal am Tag. In der Früh um sieben Uhr und gegen 17 Uhr erneut. Dass sich bei René die emotionalen Regungen in Grenzen halten, egal was ich erzähle, darf dabei nicht irritieren. Egal ob ich jammere nach einem harten Tag oder ob ich euphorisch das Ergebnis einer Recherche anpreise, er schaut immer gleich. Denn: René Sack blickt auf mich herab von zahlreichen Wahlplakaten am Straßenrand. Ich kenne ihn nicht persönlich, doch durch seine Omnipräsenz gehört er praktisch zur Familie. Wobei, doch, ich weiß durchaus einiges von meinem Lieblings-Politiker mit der markanten Brille: Zunächst, dass er definitiv auf zack ist. Denn sonst würde er das ja nicht auf seine Plakate schreiben. Zudem ist er leitender Angestellter, entnehme ich der Wahlkampfbroschüre. Und da er mir also schon so ans Herz gewachsen ist, wurde ich ebenso nervös wie er, als sein Handy letztens lautstark zu klingeln begann, während zwei Meter weiter der Ministerpräsident eine Rede hielt. Zum Glück ging alles gut.


René Sack ist einer der Kandidaten, die man auf den Plakaten in der Stadt derzeit fast öfter sieht als den amtierenden Oberbürgermeister. Die Liste einer Partei für die Kommunalwahl umfasst normalerweise 60 Männer und Frauen. Selbst bei den Volksparteien wird also ein Großteil ohne Mandat aus der Wahl hervorgehen. Auf kommunaler Ebene können Kandidaten nun aber auf der Liste nach vorne katapultiert werden. Die Kommunalwahl ist mehr als jede andere eine Persönlichkeitswahl. Bekanntheit ist alles. Deshalb investieren potentielle Stadträte in Plakate, obwohl viele von ihnen schon für die Kandidatur einen gehörigen finanziellen Eigenbeitrag leisten müssen. Aber wer in Zukunft vielleicht mal mitregieren will, muss erstmal in Vorleistung gehen: Plakate, Kugelschreiber oder die stets beliebten Luftballons. Und unter Umständen gibt es auch Hobby-Politiker, die einfach mal gerne ein Plakat von sich sehen wollen. Ist ja auch was Schönes. 

Mein neuer Kumpel René Sack steht auf Platz 39. Es wird also eng für ihn, er braucht jede Stimme. Morgen früh um sieben sehen wir uns wieder. Bis zum 16. März, jeden Tag.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen