Mittwoch, 7. Mai 2014

Der Nachfolger der Könige - Horst Seehofer in Gersthofen

Die Frage der Fragen kommt gleich zu Beginn. Von meinem Sitznachbar an seinen Kumpanen. "Wieso gibt's da jetzt kein' Marsch ned? Früher gab's da immer an Marsch!" Gemeint war der Einzug des Ministerpräsidenten in die Halle. Er kommt halt einfach rein, weder pompöse Musik vom Band noch eine Untermalung durch die örtliche Blaskapelle erklingt. Das stört nicht, ist aber untypisch für einen, der wenig später von "meinen Vorgängern, den bayerischen Königen" spricht.
Weder Krone, noch Zepter, nur Seehofer. Und Markus Ferber. Das ist das Konzept von "Seehofer direkt", mit dem er derzeit durch den Freistaat zieht. Das ist insofern wohltuend, als dass endlose Reden und Monologe vermieden werden und zumindest ein Hauch Interaktion und Dialog durch die gut besuchte Stadthalle weht. Die Fragen der Besucher - fast alle eingefleischte CSU-Mitglieder - sollen im Mittelpunkt stehen. Die Gefahr, die dabei immer besteht, wird auch in Gersthofen schnell sichtbar: Viele stellen keine Fragen, sie halten Referate oder geben teils wunderliche Statements ab. Stellenweise wissen Ferber und Seehofer gar nicht, worauf sie antworten sollen.
Am prägnantesten äußert sich noch die Dame, die sich selbst als "einfache Hausfrau" vorstellt und wissen will, für was diese AfD denn so stehe. Im Freundeskreis spreche man oft darüber - "und ich sage Ihnen, wir haben einen außerordentlich großen Freundeskreis!" Seehofer lächelt, Ferber antwortet.

Die Stimmung im Saal ist gut. Seehofer sei "subbrr drauf", bestätigen die Besucher an dem Tisch, wo vorher die ausbleibende Marschmusik kritisiert wurde. Seehofer und Ferber machen nochmal klar: Ja zu Europa! Das "Aber", das danach kommt, ist jedoch recht groß. Die EU solle sich um die großen Probleme kümmern - Ukraine, Klimawandel, Flüchtlingsströme - aber nicht um die Wärmeplatten von Kaffeemaschinen, Ölkännchen beim Italiener oder Glühbirnen. Die EU-Kommission soll massiv verkleinert werden, wenn es nach der CSU geht. Kritikern aus der CDU empfiehlt Ferber, "einach mal die europäischen Verträge zu lesen. Dort ist das eindeutig so formuliert."
Auch um Regionales geht es dann noch. Die viel diskutierte Stromtrasse durch Bayern mit dem Endpunkt in Meitingen im Landkreis Augsburg werde es mit ihm nicht geben, so Seehofer. "Wir haben doch nicht die Energiewende eingeleitet, um dann eine Leitung zu bauen, damit die Sachsen-Anhaltiner ihren Kohle-Strom loswerden."
Als es gerade keine bahnbrechenden Fragen mehr gibt, wird der FC Augsburg gepriesen (Seehofer: "Weinzierl ist ein hervorragender Trainer!") oder die Erfolge bayerischer Sportler bei Olympia ("Fast alle Medaillen-Gewinner kommen von hier!").
Markus Ferber liefert gegen Ende noch ein Hauptargument, warum man die CSU und damit ihn wählen soll. "Ich bin der Einzige aus der Region, der eine Chance hat, ins Parlament gewählt zu werden!" Da hat er recht. Die anderen Kandidaten aus der Region, die zuvor noch jubelnd begrüßt wurden und artig ins Publikum winkten, wirken dennoch leicht irritiert.

Seehofer und CSU-Spitzenkandidat Ferber können nicht gut miteinander. Sagt man. In Gersthofen spielen sie sich auf der Bühne die Bälle eigentlich ganz gut zu, auch wenn der Ministerpräsident den Europapolitiker das ein oder andere Mal etwas auflaufen lässt. Aber er ist nun mal der Boss. Der Boss sagt dann auch, dass er Markus Ferber schon zwei Mal als Minister nach München holen wollte, der habe aber abgesagt. So etwas habe er auch noch nie erlebt. Jetzt lächelt Ferber. Womöglich ist die Geschichte frei erfunden, womöglich hatte Ferber aber auch keine Lust auf Seehofers legendäre Maßregelungen seiner Minister am Kabinettstisch.
Auch die direkten Mitarbeiter Seehofers haben stellenweise wenig zu lachen. Als Seehofer eintrifft, stürmt eine Frau auf ihn zu, übergibt ihm einen Brief mit einem vermutlich weltbewegenden Anliegen und kritisiert, sie habe auf ihr erstes Schreiben keine Antwort erhalten. Seehofers Miene verfinstert sich, er blickt zu seinem Mitarbeiter. "Wie kann das sein? Das gibt es nicht, dass Sie keine Antwort erhalten. Das ist ein Unding." Böser Blick zum Mitarbeiter, der den Brief mittlerweile entgegen genommen hat, von der Frau, ihrem Anliegen und einer ausbleibenden Antwort natürlich ebenso wenig weiß wie der Ministerpräsident. Aber der ist der Boss.

Im anschließenden Interview für TV und Radio wird Seehofer die Frage gestellt, was Europa von Schwaben lernen könne. Seehofer überlegt nicht lange: "Alles." Und lächelt.



Horst hat viel vor mit Europa - schon seine Vorgänger, die Könige, seien europaorientiert gewesen, sagt er.

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